/ via universitätsklinikum heidelberg /
Zwischen der Zuteilung eines Spenderorgans und der Transplantation vergeht oft viel Zeit: Das Organ muss mitunter weite Transportwege zurücklegen, wird dabei üblicherweise in einer speziellen Nährlösung auf Eis gelagert und in der Klinik sorgfältig geprüft. Gleichzeitig laufen die Vorbereitungen für die Operation beim Empfänger. In dieser Phase kann sich der Zustand des Spenderorgans deutlich verschlechtern. Die Maschinenperfusion ist ein Verfahren, bei dem entnommene Organe während der Zeit außerhalb des Körpers u. a. mit Sauerstoff, Nährstoffen oder Blut versorgt werden. Dadurch werden mögliche Schädigungen des Organs verhindert oder minimiert. Bei einer kalten (hypothermen) Perfusion wird das Organ auf unter 10 °C gekühlt, wodurch der Stoffwechsel stark reduziert und der Energiebedarf der Zellen erheblich gesenkt wird. Durchströmt mit einer sauerstoffreichen Konservierungslösung wird der Zustand des Organs über Stunden hinweg kontinuierlich überwacht und Ischämieschäden deutlich reduziert – auch wenn es zu Verzögerungen vor und während der Operation kommen sollte.
Premiere: Leber und Niere gleichzeitig stabilisiert
Am UKHD erfolgte die Perfusion von Leber und Niere im Rahmen einer kombinierten Transplantation nun erstmals gemeinsam in nur einer Perfusionsmaschine. Perfusionsmaschinen sind in der Regel auf ein Organ ausgelegt: mit einem arteriellen Zuführungsschlauch, der am Eingang des Organs angeschlossen wird sowie einem venösen Abführungsschlauch, der die Perfusionslösung vom Organ zurück zur Maschine führt. Da die Leber aber, im Gegensatz zu allen anderen Organen, über zwei Blut-Zuflüsse verfügt, konnte diese über die Pfortader perfundiert werden und ihre „arterielle Leitung“ für die simultane Perfusion der Niere an der gleichen Maschine genutzt werden. Die Perfusionslösung läuft dabei durch die Leber in die Niere, die Kreisläufe beider Organe laufen parallel.
„Für den Erfolg der kombinierten Transplantation ist es entscheidend, die Zeit der Spenderorgane außerhalb des Körpers so kurz und schonend wie möglich zu gestalten“, erläutert Privatdozent Dr. Zoltan Czigany, stellvertretender Leiter der Sektion Leber-, Viszeral- und Transplantationschirurgie an der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie am UKHD. „Durch die gleichzeitige Perfusion konnten jedoch beide Organe zuverlässig stabilisiert und unter optimalen Bedingungen bis zum Zeitpunkt der Implantation in Funktion gehalten werden“, ergänzt Professor Martin Zeier, Ärztlicher Leiter des Nierenzentrums. Gerade die Transplantation der Leber ist eine hochkomplexe Operation, mit der eine Vielzahl potenzieller Risiken einhergeht. Bei einer Doppeltransplantation, wie im vorliegenden Fall, hätten Verzögerungen während der Operation, ohne die Möglichkeit paralleler Perfusion dazu führen können, dass die Niere aufgrund der langen Lagerzeit nicht mehr transplantabel gewesen wäre.
Neue Methode bringt Sicherheit und Zeitgewinn
„Die Premiere der neuen Perfusions-Methode ist sehr gut verlaufen: Die Patientin wurde bereits nach rund vier Wochen aus der Klinik entlassen und befindet sich nun in der Rehabilitation“, berichtet Dr. Deniz Uluk, Facharzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie und verantwortlicher Stationsarzt, der die Perfusion gemeinsam mit Privatdozent Dr. Czigany durchgeführt hat. Die Patientin litt an der autosomal-polyzystische Leber- und Nierenerkrankung (ADPLKD), einer erblichen Krankheit, bei der unkontrolliert, Zysten an der Niere und der Leber wachsen, was zum Versagen der betroffenen Organe führen kann. „Für die Betroffenen stellt eine Transplantation die einzige Therapiemöglichkeit dar“, erklärt Professor Patrick Michl, Ärztlicher Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektionskrankheiten und Vergiftungen.
„Weil der Bedarf an Spenderorganen größer ist, als das Angebot, müssen wir jede Spende optimal nutzen. Die simultane Perfusion beider Organe an einer Maschine, reduziert den Organschaden und den Zeitdruck, unter dem die Operation stattfindet. Dadurch werden die Operations-Teams entlastet und die Patientensicherheit verbessert. Es ist zukünftig sogar denkbar, die Operation bei Bedarf auf zwei Tage zu verteilen, um die Patientinnen und Patienten zu schonen“, sagt Professor Christoph Michalski, Ärztlicher Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie.
Heidelberg setzt Maßstäbe in der Transplantationsmedizin
Seit der ersten Nierentransplantation im Jahr 1967 gehört das Universitätsklinikum Heidelberg zu den renommiertesten Zentren für Organtransplantation in Deutschland. Mit dem Beginn der Lebertransplantationen 1987 sowie dem Ausbau um Herz- und Pankreasprogramme in den 1990er-Jahren hat sich Heidelberg kontinuierlich weiterentwickelt. Heute verfügt das UKHD über umfassende Versorgungskapazitäten, darunter eine der größten Abteilungen für Maschinenperfusionen in Deutschland – die Heidelberg Organ Recovery Units (HORUS).
