Internationaler Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung
/ via baden-württemberg.de /
In Baden-Württemberg sind Schätzungen zufolge knapp 11.000 Mädchen und Frauen von Genitalverstümmelung betroffen und mehr als 1.500 Mädchen unter 18 Jahren bedroht. Die Landesregierung finanziert eine zentrale Anlaufstelle, die Betroffene berät und unterstützt.
Laut aktuellen Schätzungen sind in Baden-Württemberg knapp 11.000 Frauen und Mädchen von Genitalverstümmelung betroffen und mehr als 1.500 Mädchen unter 18 Jahren bedroht. Um dem entgegenzuwirken, finanziert die Landesregierung seit einem Jahr eine zentrale Anlaufstelle für von Genitalverstümmelung (FGM/C) bedrohte Mädchen und Frauen. Am 6. Februar 2024 wird weltweit der Internationale Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung begangen. Dieser Tag dient dazu, das Bewusstsein für die ernsten Folgen dieser Praxis zu schärfen und die globale Gemeinschaft dazu aufzurufen, sich entschieden gegen die Verstümmelung von Mädchen und Frauen zu stellen. Weibliche Genitalverstümmelung, auch als weibliche Genitalbeschneidung oder FGM/C (Female Genital Mutilation/Cutting) bekannt, ist eine schmerzhafte und gesundheitsschädliche Praxis, die in vielen Teilen der Welt weiterhin existiert. Die Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit der Betroffenen sind verheerend und haben langfristige Konsequenzen für das Leben der Opfer.
„Es ist wichtig, dass wir hier nicht die Augen verschließen, sondern betroffenen Mädchen und Frauen Unterstützung anbieten. In der überregionalen Anlaufstelle finden sie Hilfe für ihre Anliegen und Bedürfnisse. Das Angebot der Anlaufstelle unterstützt nicht nur die Betroffenen selbst, sondern trägt auch maßgeblich zu der Sensibilisierung und Fortbildung von Fachexpertinnen und Fachexperten und zentralen Personen der Community bei“, sagte Staatssekretärin Dr. Ute Leidig anlässlich des weltweiten Aktionstages am 5. Februar 2024 in Stuttgart.
Unterstützungsangebote der zentralen Anlaufstelle FGM/C Baden-Württemberg
Seit dem offiziellen Start Anfang 2023 hat das Beratungs- und Fortbildungsangebot der zentralen Anlaufstelle FGM/C Baden-Württemberg sehr viele Menschen erreichen können: So konnten bereits rund 320 betroffene Mädchen und Frauen zu dem Thema beraten und unterstützt werden. Zugang zu dem Angebot finden die Betroffenen vorwiegend über die Koordinierungsstelle der zentralen Anlaufstelle, die von der Organisation Sompon Socialservices in Göppingen geleitet wird.
Je nach Anliegen und Beratungsbedarf der Mädchen und Frauen bieten die Kooperationspartner und Fachberatungsstellen, das Fraueninformationszentrum (FIZ) in Stuttgart, Wildwasser Stuttgart, YASEMIN und das Freiburger Zentrum für Frauen mit Genitalbeschneidung der Universitätsfrauenklinik Freiburg weitere Hilfe wie zum Beispiel Beratung im Rahmen des Asylverfahrens, medizinische Beratung oder therapeutische Unterstützung an. Gemeinsam mit den Kooperationspartnern sind ferner mehr als 20 Veranstaltungen wie beispielsweise Fortbildungen für Fachkräfte aus mehreren Disziplinen oder Sensibilisierungsvorträge an Schulen durchgeführt und damit insgesamt rund 1.700 Fachexpertinnen und Fachexperten erreicht worden.
„Die Zahlen der zentralen Anlaufstelle zeigen, dass wir in Baden-Württemberg einen enormen Bedarf für Beratungen zum Thema FGM/C haben und das Angebot auch auf großes Interesse seitens der Fachexpertinnen und Fachexperten stößt. Unser Ziel ist es, den Mädchen und Frauen Sicherheit und Unterstützung zu bieten. Deshalb sind wir auf eine hohe Sensibilisierung und Fachkenntnis in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens und in den Beratungsstrukturen angewiesen. Ich danke allen Beteiligten, die dieses Angebot möglich machen“, so die Staatssekretärin abschließend.
Zahl der Opfer in Deutschland gestiegen
Die Zahl der Opfer weiblicher Genitalverstümmelung in Deutschland ist seit 2017 um 40 Prozent gestiegen. Dies ergab eine Untersuchung des Bundesfamilienministeriums. Demnach sind 66.707 Frauen in Deutschland von der Menschenrechtsverletzung betroffen. Diese deutliche Steigerung wird vor allem darauf zurückgeführt, dass mehr Menschen aus Herkunftsländern, in denen weibliche Genitalverstümmelung praktiziert wird, in diesem Zeitraum nach Deutschland gekommen sind. Die meisten betroffenen Frauen kommen aus Eritrea, Somalia, Indonesien, Ägypten und dem Irak.
Der im Jahr 2022 aktualisierten Dunkelzifferstatistik von der Terre des Femmes zufolge sind in Baden-Württemberg knapp 11.000 Frauen und Mädchen von Genitalverstümmelung betroffen und mehr als 1.500 Mädchen unter 18 Jahren bedroht. Sie werden zum Beispiel zu sogenannten „Ferienbeschneidungen“ in das Heimatland geschickt, um den Eingriff dort durchführen zu lassen.
Laut den aktuellen Angaben von UNICEF sind weltweit mindestens 200 Millionen Mädchen und Frauen von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen. Jährlich sind mehr als vier Millionen junge Mädchen im Alter von vier bis 14 Jahren von der Gefahr weiblicher Genitalverstümmelung bedroht – die Dunkelziffer ist allerdings sehr hoch. Mit der zentralen Anlaufstelle FGM/C Baden-Württemberg in Göppingen erhalten Betroffene aus ganz Baden-Württemberg ein leicht zugängliches, niedrigschwelliges Angebot mit einer psychosozialen, therapeutischen und gesundheitlichen Beratung und Behandlung. Die Beratungsstelle informiert auch Fachkräfte und Behörden über die Menschenrechtsverletzung und baut ein zentral gesteuertes Fortbildungsangebot auf. Für die zweijährige Modellphase investiert das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration rund 250.000 Euro.
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