Würdigung: Pädagogische Hochschule Heidelberg
/ via ph-heidelberg /
Dr. Anna-Maria Jünger und Alessia-Valeska Schieron erhalten den diesjährigen Nachwuchswissenschaftlerinnen*-Preis der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Der Preis wird vom Gleichstellungsbüro der Hochschule vergeben, ist mit insgesamt 2.500 Euro dotiert und würdigt herausragende wissenschaftlichen Leistungen von Doktorandinnen. So erforscht Jünger, wie Schüler:innen der Sekundarstufe, die Deutsch als Zweitsprache sprechen, besser beim Erlernen der Kasusflexion unterstützt werden können. Schieron wiederum beschäftigt sich mit dem Potenzial von musikalisch-künstlerischen Ausdrucksformen der Deaf Performance für eine inklusive Musikpädagogik.
„Es ist uns von der Gleichstellung ein besonderes Anliegen, begabte Wissenschaftlerinnen auf ihrem Weg zu unterstützen. Umso wichtiger ist dieser Preis, der sich explizit an Frauen* richtet“, führt die Gleichstellungsbeauftragte Dr. Frauke Janz aus. „Es ist doch nach wie vor so, dass in höheren wissenschaftlichen Positionen deutlich weniger Frauen zu finden sind, als man es aufgrund der Studienanfängerinnenzahlen – besonders an der PH – erwarten würde. Wir scheinen begabte junge Frauen auf dem Weg der wissenschaftlichen Karriere ‚zu verlieren`.“
Eingegangen waren auch in diesem Jahr durchweg sehr gute Bewerbungen; die Auswahlkommission hat daher laut Janz entschieden, den Preis zu teilen: „Sowohl die bereits veröffentlichte Dissertation von Anna-Maria Jünger als auch die Arbeit von Allessia-Valeska Schieron sind im Bildungskontext in hohem Maße relevant und wissenschaftlich exzellent. Ich freue mich darum wirklich sehr, den beiden den diesjährigen Nachwuchswissenschaftlerinnen*-Preis zu überreichen.“
Schüler:innen beim Erlernen der Kasusflexion unterstützen
In ihrer Dissertation widmet sich Dr. Anna-Maria Jünger der Kasusflexion – einem für die Sprachförderung hochrelevantem Bereich, der in der Forschung bislang wenig berücksichtigt wurde. Die Kasusflexion im Deutschen ist sehr schwierig für Menschen, die Deutsch als Zweitsprache sprechen. Sie ist jedoch wichtig, um eindeutige Aussagen treffen zu können – wie etwa „Der Mann malt den Ball“ vs. „Den Mann malt der Ball“ – und auch um sich sprachlich kompetent zu äußern („Das ist für meine Tochter“ und nicht „Das ist für mein Tochter“). „Eine Frage von Frau Jünger war daher, wie diese Sprachförderung in den Regelunterricht der Sekundarstufe I integriert werden kann“, so Janz. Dass Jünger diesen komplexen Kernbereich deutscher Grammatik in seiner Aneignung durch Jugendliche und deren schulische Förderungsmöglichkeiten untersucht, ist gleichermaßen in seiner gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Bedeutung als überragend einzuordnen. Entscheidend für die Auszeichnung mit dem Nachwuchswissenschaftlerinnen*-Preis war zudem das aufwändige Design der Studie mit zahlreichen Teilstudien, die unterschiedliche Forschungsmethoden und Teilfragen miteinander verbindet und im Design- Based- Research Paradigma stets den Transfer in die Praxis in den Blick nimmt.
Jünger hat ihre Dissertation „Kleine [E]nd(er)ung – große Wirkung: Sprachförderung im Regelunterricht“ in diesem Jahr mit summa cum laude abgeschlossen. Begleitet wurde sie von Professorin Dr. Inga Harren (Institut für deutsche Sprache und Literatur, Pädagogische Hochschule Heidelberg) und Professorin Dr. Anne Berkemeier (Germanistisches Institut, Universität Münster). Die Alumna der Hochschule absolviert derzeit ihren Vorbereitungsdienst und arbeitet parallel bereits an den Vorbereitungen für eine Habilitation.
Deaf Performance als musikalisch-künstlerischen Ausdrucksformen
Alessia-Valeska Schieron erforscht in ihrer Dissertation mit dem Arbeitstitel: „Musikalisch-künstlerische Ausdrucksformen der Deaf Performance und ihre Potentiale für eine inklusive Musikpädagogik“ wie Taube Künstler:innen sich Musik mittels ihrer eigenen körperlichen Voraussetzungen und kulturellen Bedingungen aneignen und ausdrücken. Hierzu führt die Alumna der Pädagogischen Hochschule Heidelberg Interviews mit Tauben Performer:innen durch, die sie mittels dokumentarischer Methode auswertet. Hierbei plant die Tochter Tauber Eltern partizipativ zu arbeiten und bei der Übersetzung der gebärdensprachlichen Videos aus der deutschen Gebärdensprache in Schriftsprache sowie bei der Einordnung spezifischer gebärdensprachlicher Ausdrücke engstens mit Tauben Expert:innen zusammen zu arbeiten. Hierdurch sowie durch den durch den innovativen Gehalt der Fragestellung, den erwartbaren Erkenntnisgewinn und die gründliche Bearbeitung hat die Arbeit Schierons unter anderem das Potenzial, wertvolle Impulse für die musikalische Arbeit mit Schüler:innen mit Hörbehinderung zu geben.
Schieron steht am Anfang ihrer Promotion, die gleichermaßen ein Forschungsdesiderat im deutschsprachigen Raum schließt, da die musikalisch-künstlerischen Ausdrucksformen der Deaf Performance bisher kaum erforscht sind. Die Arbeit schließt an ihre mit dem Höchstetter-Stiftungspreis ausgezeichnete Masterarbeit an, bei der sich Schieron mit Deaf Performance und der ästhetischen Transformation von Musik zu gebärdensprachlicher Kunst beschäftigt hat. Ihre Promotion wird von Prof. Dr. Stefan Zöllner-Dressler (Institut für Kunst, Musik und Medien) und Prof. Dr. Johannes Hennies (Institut für Sonderpädagogik) betreut.
Die Pädagogische Hochschule Heidelberg gratuliert Dr. Anna-Maria Jünger und Alessia-Valeska Schieron herzlich zu der Auszeichnung. Sie wünscht ihnen insbesondere für ihren weiteren wissenschaftlichen Weg alles Gute.
Weitere Informationen zu dem Nachwuchswissenschaftlerinnen*-Preis finden Sie unter www.ph-heidelberg.de/gleichstellung-und-diversitaet.