Heidelberg und der Zustand seiner Schulen: ein trauriges Kapitel
/ via bündnis 90 – die grünen heidelberg /
StaTtblatt*-Beitrag der Gemeinderatsfraktion von Anja Gernand und Felix Grädler – Ausgabe vom 22.05.2024 //
Viele Heidelberger Schulen sind in einem katastrophalen Zustand. Gebäude und Räume, in denen Schüler*innen tagtäglich viel Zeit verbringen, sind vielerorts alles andere als lernförderlich. Angefangen beim Klassiker der maroden Schulklos über kaugummiverklebte und defekte Deckenplatten bis hin zu defekten Fenstern und löchrigen Fassaden. Einige Gebäude sind sogar mit “Gefahr in Verzug” eingestuft. Längst überfällig sind Sanierungen zum reinen Gebäudeerhalt, auch Heizungen sind veraltet und müssen ausgetauscht werden.
Klar ist aber auch, dass wir einen Ausbau benötigen, um Platz für das neue G9 zu schaffen und noch davor ab 2026 Räume und Mensen für den Ganztagsbetrieb der Grundschulen. Dies alleine sind schon riesige Aufgaben. Über die Frage, wie aber eigentlich moderne Räume für eine gute Schule und zeitgemäßes Lernen aussehen, ist noch gar nichts gesagt. Eine Stadt wie Heidelberg sollte doch den Anspruch haben, genau das für alle Schüler*innen zu erreichen. Raum für Differenzierung und Inklusion, Raum für selbstständiges Lernen in einer Bibliothek, Raum für Auszeiten in der Pause und Freistunden, Fachräume und Klassenzimmer, in denen moderner Unterricht möglich ist. Auch Freiflächen und grüne Pausenhöfe gehören dazu.
Nach zahlreichen, end- und bisher auch noch ergebnislosen Diskussionen zur Schulsanierung in den letzten Jahren hat die Grünen-Fraktion 2020 einen Antrag gestellt, dass die Verwaltung endlich systematisch die Gebäudezustände überprüft. Ziel war und ist es, eine bessere und transparentere Entscheidungsgrundlage zu erhalten, um Sanierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen von städtischen Gebäuden nach Dringlichkeit und Finanzierungsbedarf zu priorisieren und rechtzeitig durchführen zu können. Nun liegen die ersten Ergebnisse vor, nachdem 166 Gebäude (von insgesamt 750 städtischen Gebäuden, davon 93 Schulen) untersucht wurden. Das Ergebnis ist ernüchternd und zeigt die Untätigkeit der letzten 16 Jahre sehr deutlich auf. In Finanzzahlen ausgedrückt heißt das, es fehlen
- 19 Mio. Euro für Sofortinvestitionen in sicherheitsrelevante Maßnahmen
- 80 Mio. Euro für Instandsetzung und Werterhalt in den nächsten fünf Jahren
- weitere 68 Mio. Euro alleine für Instandsetzung und Werterhalt in fünf bis zehn Jahren
Das sind also nur die oben schon erwähnten Maßnahmen zum Gebäude- und damit auch Werterhalt. Darüber hinaus sind uns aber besonders wichtig:
- 200 Mio. Euro für Teil- und Gesamtsanierung, bauliche und funktionale Bedarfe
- und natürlich das entsprechende Personal für die Planung.
Diese 200 Mio. Euro sind nötig zur Schaffung von zusätzlich benötigtem Schulraum aufgrund von steigenden Schülerzahlen (G9), neuen Stadtteilen auf den Konversionsflächen (vor allem PHV) und des Rechtsanspruchs auf Ganztagesbetreuung. Darin sind auch die Kosten enthalten, die nötig sind für die Umsetzung unserer bildungspolitischen Ziele, nämlich zukunftsfähige Lern-und Lebensräume zu schaffen, eine barrierefreie Erschließung inklusive Pflege-und Aufenthaltsräume, die Digitalisierung gemäß der Digitalisierungsstrategie der Stadt Heidelberg und der Medienentwicklungspläne der Schulen.
Wir erwarten, dass die Verwaltung den Haushalt 2025/26 entsprechend ausgestaltet und auch in der “Mittelfristigen Planung” entsprechend abbildet. Dabei muss natürlich auch so geplant werden, dass die Drittmittelförderung für den Schulbau sinnvoll beantragt und einfließen kann. Außerdem hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Ende 2022 ein grundlegendes Urteil zur Finanzierung von Schulsanierungen gefällt. Darin geht es darum, wie ein Ausgleich bei der Schulbaufinanzierung zwischen den Kommunen geschaffen werden kann, wenn eine Schule mehrere Städte oder Kreise als Einzugsgebiet bedient.
In den kommenden Wochen wollen wir uns neben allen Finanzierungsfragen aber vor allem auch dafür einsetzen, dass es zu einer sinnvollen, mittel- und langfristigen Planung der Sanierungsprojekte kommt. Nicht “wer am lautesten ruft” kommt zuerst, sondern eine transparente Priorisierungs- und Umsetzungsplanung ist notwendig, die keine Bildungsbereiche gegeneinander ausspielt!
*StaTtblatt statt Stadtblatt: Das offizielle Stadtblatt der Stadt Heidelberg erscheint aufgrund der Karenzzeit vor der Kommunalwahl derzeit ohne die Stimmen aus dem Gemeinderat, wo sich sonst die Grünen-Gemeinderatsfraktion jeden Mittwoch zu kommunalen Themen äußert. Da die grüne Fraktion aber natürlich weiter aktiv ist und es genug zu berichten gibt, veröffentlichen wir jeden Mittwoch unseren „Stattblatt“-Beitrag sowohl hier auf unserer Homepage als auch über Facebook, Twitter und Instagram.