Bettensteuer zum Füllen des Haushaltslochs? Wir haben uns bereits vor einem Jahr intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt
/ via dieheidelberger /
Wir befürworten weder eine Bettensteuer noch eine Tourismusabgabe. Wir halten die Einführung einer zusätzlichen Abgabe, die einseitig eine Branche belastet, für ungerecht und für ein völlig falsches Zeichen in einer Zeit, in der es der Hotellerie schlecht geht und sie eher mehr Unterstützung von der Politik bräuchte. Die höheren Übernachtungszahlen liegen v.a. daran, dass die Zahl der Betten um 30 % gestiegen ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass es der Hotellerie gut geht: Von Energiekostensteigerung, über Kostensteigerung und Steuererhöhungen bei Lebensmitteln bis hin zu Personalkostensteigerungen – die Belastungen steigen in allen Bereichen dramatisch, teilweise um bis zu 45 %. Für das kommende Jahr fordern die Gewerkschaften z.B. 15 % Lohnsteigerungen. In einer Branche, die sehr personalintensiv ist, sind dies wirtschaftlich extrem herausfordernde Perspektiven.
Die Erhebung einer Abgabe wäre für die Hotels eine neue und weitere bürokratische Last und Hürde. Die prozentuale Besteuerung ist die noch schlimmere Variante von beiden, da sie einen extremen bürokratischen und organisatorischen Aufwand wie auch steuerliche Nachteile mit sich bringt. Viele Häuser stehen bereits am Limit. Zusätzliche Belastungen könnten zahlreiche Betriebe in den Ruin treiben – besonders die privat geführten und der Stadt seit Jahrzehnten und Jahrhunderten verbundenen Familienbetriebe. Die Kettenbetriebe können ihre schlechten Ergebnisse in Heidelberg an anderen Standorten kompensieren. Gerade die mittelständischen Hotels, die Heidelberg als Reiseziel prägen, würden durch eine Bettensteuer geschwächt, möglicherweise sogar in Teilen vom Markt verdrängt. Darüberhinaus besteht die Gefahr, dass einige Übernachtungen in angrenzende Gemeinden abwandern werden. In Schwetzingen, Leimen, Dossenheim, Weinheim, Neckargemünd etc. kann man auch übernachten, die wesentlichen Umsätze dort machen und nach Heidelberg fahren. Gerade im unteren Segment in der Peripherie besteht die Sorge um Abwanderung der Gäste ins Umland.
Weiterhin trifft eine Abgabe, die an Übernachtungen geknüpft ist, ausschließlich Übernachtungsgäste, während Tagestouristen, die den Großteil der Besucher ausmachen, nicht zur Finanzierung beitragen würden. Das widerspricht unserem Tourismusleitbild: Die Stadt Heidelberg will den Mehrtagestourismus fördern und gerade dieser wird am meisten belastet. Nach den Investitionen in das Kongresszentrum und die Stadthalle, den Bau etlicher Hotels, des SNP-Doms etc. sind ja Übernachtungsgäste dringend erforderlich. Der Tourismus sollte hin zu einem Qualitätstourismus entwickelt werden. Für die mittelständischen Heidelberger Hotels, aber auch für Gastronomie, Einzelhandel etc. wäre das ein Segen mit dem Resultat verbesserter Gewerbesteuereinnahmen der Stadt. Es wäre also konsequent, vordringlich einen Beitrag von den Tagestouristen zu verlangen, denn die Mehrtagestouristen sorgen bereits über die Gewerbesteuer von Hotellerie, Gastronomie, Einzelhandel etc. für Einnahmen bei der Stadt. Über 13 Millionen Tagestouristen besuchen im Jahr die Stadt Heidelberg. Wenn sie nur 1 € zahlen würden, käme eine hohe Summe zusammen. Und selbst wenn nur die Kreuzfahrt- und Bus-Touristen einen Beitrag leisten würden, käme eine ordentliche Summe zusammen.
Aber grundsätzlich sind wird der Meinung, dass die Lösung unseres aktuellen Haushaltsdefizits nicht die Erfindung neuer Einnahmequellen sein sollte, sondern wir müssen endlich stärker auf die Ausgaben achten – die Stadt Heidelberg hat eher ein Ausgabenproblem als ein Einnahmenproblem: Zu Zeiten von Oberbürgermeisterin Beate Weber waren die Gewerbesteuereinnahmen 100 Mio. € geringer als heute, das entspricht in etwa unserem Haushaltsdefizit. Die Ausgaben sind jedoch auch über die Maßen gestiegen. Und dafür sind nicht nur Tarfifsteigerungen und Gesetzesänderungen verantwortlich. Im Vergleich zu anderen Kommunen leben wir über unsere Verhältnisse: Die Stadt Heidelberg hat in einigen Bereichen deutschlandweit die höchsten Ausgaben pro Kopf. Hier müsste noch stärker angesetzt werden!
Wir sind der Meinung, dass viele Betriebe durch eine wirtschaftsfreundlichere Politik und Verwaltung ihre Erträge und somit die Gewerbesteuereinnahmen der Stadt steigern könnten. Und durch Bürokratieabbau würde die Stadt sogar im doppelten Sinne profitieren: Nicht nur die Betriebe, sondern auch die Verwaltung könnten sich Mitarbeiter sparen bzw. sie anderweitig sinnvoller einsetzen.
Und schließlich vertreten wir die Meinung, dass jede Art von Branchen- oder Personengruppen-bezogener Steuer die Notwendigkeit nach sich zieht, die Einnahmen auch zweckgebunden zu investieren. Eine Tourismusabgabe sollte nicht dem Zweck dienen, ein Haushaltsloch zu füllen. Für das Problem unseres Haushaltes braucht es strukturelle Reformen mit Weitsicht, keine Notfallpflaster!