Trainer und Ausbilder René Spandauw: „Ohne Persönlichkeit geht es nicht“
Es ist eine reizvolle Aufgabe, die René Spandauw seit 1. Juli als neuer „Head of Women’s Basketball“ übernommen hat. Der 66-jährige Niederländer soll die USC BasCats Heidelberg nicht nur 2024/2025 in die Erstklassigkeit führen, sondern auch den derzeitigen Zweitligisten sportlich-strukturell und nachhaltig so aufstellen, dass er künftig zu den feinsten Adressen im deutschen Mädchen- und Damen-Basketball zählen wird. „Hart (maximal hart!) arbeiten, Spaß haben, immer besser werden“, sagt René in seinem ersten BasCats-Interview und gibt damit die Marschrichtung alters- und mannschaftsübergreifend vor.
René verfügt wie kaum ein anderer über vielfältige Erfahrungen im weiblichen Bereich. In Deutschland trainierte er die Bundesligisten Saarlouis, Halle und Freiburg, wurde mit den Saarländerinnen zwei Mal Meister, drei Mal Pokalsieger und schaffte es mit ihnen bis ins Halbfinale des EuroCups. Zuletzt war er knapp sechs Jahre lang Cheftrainer des Basketball-Internats Grünberg. Im Nachbarland betreute er unter anderem die U18- und U20-Nationalteams sowie als Assistenztrainer die A-Nationalmannschaft der Oranje-Damen. Als Talentsichter erwarb er sich außerdem bei den WNBA-Klubs Charlotte Sting und Miami Sol jede Menge Know-how und Reputation. Dass er auch Freude an der Medienarbeit hat, zeigt sich im lockeren Gespräch mit ihm.
René, augenzwinkernd gefragt: Fängt mit 66 Jahren das Leben als Basketball-Trainer erst richtig an?
René Spandauw: Ich hatte keine Wahl. Als großer Fan von Udo Jürgens bin ich seinem Motto gefolgt. Wenn ich irgendwann dann doch aufhöre, trinke ich bestimmt einen griechischen Wein (grinst).
Was hat Dich nach Deinem Erstkontakt mit Jochen Kohlhaas motiviert, das Heidelberger Angebot anzunehmen?
René: Es war das Gesamtpaket. Ich bin in den letzten Jahren immer wieder gefragt worden, warum ich ‚nur‘ am Basketball-Internat Grünberg arbeite. Meine Antwort war dann, „weil es mir Spaß macht“. Dann kam sofort die nächste Frage: „Aber du kannst doch auf einem viel höheren Niveau arbeiten?“ Daraufhin war meine Antwort immer wieder die gleiche: „Ja, und wenn ein Verein mit einem Plan kommt, bei dem die finanzielle Situation gut ist, er in einer schönen Stadt ist und ich eine wichtige Rolle bekomme, in der ich auch entscheiden kann, werde ich zuhören.“ Und dann kam so ein Verein.
Wie können wir uns Deine Basketball-Philosophie vorstellen – für welchen Stil stehst Du?
René: Nicht so kompliziert: hart (maximal hart!) arbeiten, Spaß haben, immer besser werden. Spielerinnen und Team sollen sich entwickeln. Spielerinnen entwickeln, die nachdenken und selbst Entscheidungen treffen. Mutig spielen, aggressiv spielen.
Die BasCats-Mannschaft 2024/2025 wird sehr jung sein, zentral ergänzt durch Importspielerinnen. Welche Entwicklungsschritte und welches Potenzial siehst Du in diesem Kollektiv?
René: Wir wollen etwas Nachhaltiges aufbauen. Wir wollen nicht, dass Spielerinnen ein Jahr bei uns spielen und dann wieder gehen, weil sie anderswo 100 Euro mehr pro Monat verdienen können. Wir wollen, dass Spielerinnen sich mit dem Verein, mit der Stadt Heidelberg identifizieren und dass Menschen auf der Straße Spielerinnen erkennen, weil sie sie in der Halle oder in der Zeitung gesehen haben. Es gibt viele Schritte, die wir dazu machen müssen – und dazu brauchen wir Zeit. Einige der Schritte: Lernen, was es bedeutet, hart zu arbeiten (= maximal hart!), Anpassung an das Niveau, sowohl spielerisch wie auch körperlich, wie geht man miteinander und mit mir um, wie schaffen wir eine Kultur des Vertrauens und der Offenheit? Das Potenzial ist enorm. Am Ende der Saison soll es eine Mannschaft geben, die in der Lage ist, um auf mittlerem Erstliganiveau zu spielen.
Als „Head of Women’s Basketball“ wirst Du bei den BasCats übergreifend tätig sein. Wie definierst Du Deine Rolle bzw. Funktion?
René: Ich werde versuchen, meine Auffassungen über Basketball in den Verein (und gerne auch bei den kooperierenden Vereinen) zu implementieren. Einerseits geht es dabei um den spielerischen Aspekt, aber anderseits vor allem um die Art, wie wir die Mädchen trainieren und coachen wollen. Wenn das klappt, kommt das Spielerische von selbst. Um es einfach darzustellen: Jede Spielerin von der U12 bis zur Bundesliga soll von ihrem Coach die gleichen Sachen lernen.
Weiterentwicklung ist das eine, Aufstieg in die DBBL 1 das andere. Welches sportliche und organisatorisch-strukturelle Handwerkszeug benötigt ein Klub wie Heidelberg im Damen-Basketball?
René: Das hört sich einfach an, aber ist es nicht: professionelle Bedingungen. Die Voraussetzungen dazu sind aber da und werden teils auch schon durchgeführt. Dass wir eine eigene Halle bekommen, ist sportlich gesehen wohl das Wichtigste. Die momentane Situation mit den Trainingszeiten und -hallen ist sehr schwierig. Und dann muss der komplette organisatorische Teil professionalisiert werden. Das geht dann um Geschäftsführung, Marketing, Organisation usw. Auf der sportlichen Seite sind wir dort schon sehr gut aufgestellt. Neben mir sind ja auch ein WNBL- und ein Krafttrainer hauptamtlich tätig.
Du hast weibliche Jugend und Damen über Jahrzehnte hinweg trainiert/gecoacht, warst u.a. auch Talentsichter für die WNBA sowie zuletzt Basketball-Internatsleiter in Grünberg. Welche Grundbausteine erfordert Leadership? Wieviel Fingerspitzen- oder Bauchgefühl ist dafür notwendig?
René: Ich habe ja keinen typischen Sport-Hintergrund. Bis ich Basketball zu meinem Beruf gemacht habe, war ich Firmenberater und Managementtrainer. Einerseits brauchst du Struktur, aber andererseits kommt man nicht ohne Fingerspitzen- und Bauchgefühl durch.
Was man zu Leadership braucht? Darüber können wir uns mal separat unterhalten. Aber ohne eine Sache geht es nicht: Persönlichkeit.
Die Mitteldeutsche Zeitung hat Dich mal vor Deiner Zeit in Halle als „Frauenversteher“ bezeichnet? Wie siehst Du Dich denn selbst als Trainertyp und Mensch?
René: Haha, gut recherchiert! Ich konnte in Halle aber der Rolle des Frauenverstehers nicht gerecht werden, weil ich keine echte Freiheit empfunden habe. Dort waren viel zu viele externe Einflüsse. Ich sehe den Trainer René als ehrlich, klar, empathisch, lieb, hart, sorgsam, sozial, entspannt, gelassen, detailliert, witzig, unterhaltsam und nicht-sarkastisch. Der Mensch René ist gleich oder ähnlich, mit der Ergänzung, dass er gerne genießt.
Kurzer Ausblick: Wo sollen die BasCats in einem Zeitraum von zwei Jahren und wo – idealtypisch – im Jahr 2029 stehen?
René: In zwei Jahren auf der Netzhaut von allen Sportbegeisterten aus Heidelberg und ihrem Großraum. 2029 dann auf dem Rathaus-Balkon. Oder hat das Rathaus (wie in Leverkusen) keinen Balkon? Aber viel wichtiger als das wäre es, wenn die BasCats zu einer Marke geworden sind, und wir kleine Mädchen mit einem Trikot von Greta Metz oder Carla Koch durch die Stadt gehen sehen.
René, danke Dir für das Gespräch.
Joachim „Jogi“ Klaehn
USC BasCats Heidelberg
Kommunikation und Medien
Beitragsfoto: René Spandauw schwingt nun bei den BasCats den Taktstock (Foto privat).