Zerstörungsfreie Kontrolle des Quantenzustands eines einzelnen molekularen Wasserstoffions
/ via Max-Planck-Institut für Kernphysik Heidelberg /
Mit der ALPHATRAP-Penningfalle am MPIK gelang Physiker:innen die zerstörungsfreie Kontrolle und Auslesung der inneren Quantenzustände eines molekularen Wasserstoffions. Die neue Methode bildet eine wesentliche Voraussetzung für zukünftige hochpräzise Tests der CPT-Symmetrie. (Physical Review Letters, 24 April 2025; Editor’s Suggestion)
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Die Suche nach neuer Physik über die derzeitigen fundamentalen Theorien hinaus und die strenge Prüfung ihrer Gültigkeit sind eine der größten Herausforderungen der modernen Wissenschaft. Hochpräzise Niederenergie-Experimente an atomaren und molekularen Systemen liefern neue Erkenntnisse auf diesem Gebiet und ergänzen die Hochenergieexperimente an Teilchenbeschleunigern. Von besonderem Interesse sind Systeme aus wenigen Teilchen, die nur ein einziges oder ein paar Elektronen enthalten, denn diese lassen sich mit ultrahoher Präzision berechnen. Der Vergleich solcher Vorhersagen mit ebenso präzisen Messungen erlaubt die Überprüfung der Gültigkeit unserer grundlegenden Theorien. Im Vergleich zu atomaren Ionen verfügen molekulare Wasserstoffionen über zusätzliche Freiheitsgrade. Die Kerne im Molekül können rotieren und schwingen, was zu einer Fülle von Quantenzuständen führt, der so genannten rovibronischen Struktur. Die Übergangsfrequenzen zwischen diesen Niveaus hängen von den grundlegenden Wechselwirkungen sowie von fundamentalen Naturkonstanten ab, insbesondere von den Massen der Kerne und des Elektrons, und können mit extrem hoher Präzision gemessen werden.
Die Gruppe um Sven Sturm am Max-Planck-Institut für Kernphysik (MPIK) in Heidelberg gelang nun in Zusammenarbeit mit der Gruppe von Stephan Schiller von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf eine zerstörungsfreie Messung interner Quantenzustände für einzelne HD+-Ionen, wobei sich diese Spezies monatelang in der kryogenen Penning-Falle ALPHATRAP ließ. Dieses heteronukleare Testsystem, das ein Proton und ein Deuteron enthält, wurde gewählt, weil es einfacher und schneller zu präparieren ist und zudem hochpräzise spektroskopische und theoretische Daten für einen Vergleich zur Verfügung stehen. Charlotte König, Erstautorin der Veröffentlichung, erklärt: „Die neue Technik ist auch auf das homonukleare H2+-Ion anwendbar, das wegen seiner rovibronischen Zerfallszeiten von Wochen bis Jahrhunderten besonders schwer zu kontrollieren ist.“
Dies ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer möglichen künftigen hochpräzisen Vergleichsmessung von H2+ und seinem Antimaterie-Gegenstück H̅2– (bestehend aus zwei Antiprotonen und einem Positron). Dies würde die Untersuchung der grundlegenden Materie/Antimaterie-Symmetrie (CPT-Invarianz der physikalischen Gesetze bei gleichzeitiger Umkehrung von Ladung, Raum und Zeit) erlauben. In Zukunft könnte die Antimaterie-Anlage am CERN molekularen Anti-Wasserstoff-Ionen herstellen, aber selbst dann wahrscheinlich nur mit sehr geringen Produktionsraten. Die neu entwickelten Techniken bieten dann ein ideales Instrumentarium zur Durchführung von Präzisionsexperimenten mit den wertvollen molekularen Antimaterie-Ionen.
Originalpublikation:
Nondestructive control of the rovibrational ground state of a single molecular hydrogen ion in a Penning trap
Charlotte M. König, Fabian Heiße, Jonathan Morgner, Tim Sailer, Bingsheng Tu, Dimitar Bakalov, Klaus Blaum, Stephan Schiller and Sven Sturm
Physical Review Letters 134, 163001 (2025). DOI: 10.1103/PhysRevLett.134.163001
Weblinks:
Gruppe „Lepton Symmetry Experiment“ (LSym) am MPIK