Eisen-Booster für die körpereigene Krebsabwehr
/ via universitätsklinikum heidelberg /
Eisen macht Makrophagen aggressiv
Auf die Idee eines Eisen-Boosters für Immunzellen kamen die Forschenden durch Beobachtungen bei einer völlig anderen Erkrankung, die das Blut betrifft: Werden bei der erblichen Sichelzellanämie die deformierten roten Blutkörperchen abgebaut, gelangt das darin enthaltene Eisen in Blut und Gewebe. „Wenn Makrophagen in der Leber dieses Eisen aufnehmen, greifen sie umliegende Leberzellen an und verursachen Gewebeschäden“, sagt Professorin Muckenthaler, die in dem von ihr geleiteten Zentrum für Translationale Biomedizinische Eisenstoffwechselforschung am Universitätsklinikum Heidelberg verschiedene Störungen des Eisenhaushalts erforscht. „Da es auch im Umfeld von Tumoren zum Abbau roter Blutkörperchen kommt, haben wir die Tumormikroumgebung genauer unter die Lupe genommen.“
Lungentumore kurbeln in ihrer Umgebung das Wachstum von Blutgefäßen an, um besser mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt zu werden. Dort gelangen dann rote Blutkörperchen in das häufig entzündete Gewebe und werden von Makrophagen abgebaut. Ihr Eisen reichert sich in den Makrophagen an. An Gewebeproben von Patientinnen und Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) fand das Team in vorangegangenen Arbeiten heraus: Ist ein solcher „Eiserner Vorhang“ um den Tumor vorhanden, bleiben die Tumoren kleiner und die Patientinnen und Patienten haben eine bessere Prognose als Betroffene ohne Eisenansammlung. „Die Makrophagen im Umfeld der Tumoren sind aggressiver gegen den Krebs. Diese natürliche Aktivierung der Krebsabwehr wollten wir uns zunutze machen“, so die Wissenschaftlerin.
Das Team verabreichte Mäusen, die an einer Unterart menschlicher Lungentumoren, sogenannten ALK-positiven NSCLCs, erkrankt waren, über die Atemwege speziell präparierte Eisen-Nanopartikel aus den Laboren von Professor Barz. Die Tiere waren zunächst mit dem gängigen Tumormedikament Crizotinib behandelt worden, das präzise gegen ein verändertes Protein dieser Krebsart gerichtet ist und die Tumoren vorrübergehend vollständig unterdrückt. „Zielgerichtete Medikamente wie Crizotinib sind ein großer Fortschritt in der Behandlung dieser speziellen Krebsart. Leider werden die Tumoren nach durchschnittlich 19 Monaten resistent. Wenn es uns gelingen würde, mit dem Eisen-Booster das Immunsystem zusätzlich zu aktiveren, könnten wir möglicherweise für die Patientinnen und Patienten krankheits- und symptomfreie Zeit gewinnen“, sagt Kooperationspartnerin Professorin Sotillo.
Auch für andere Tumoren geeignet?
Nahmen die Makrophagen die Eisen-Nanopartikel auf, schütteten sie Substanzen aus, die den Krebszellen schadeten, und lockten weitere Immunzellen an. Die Tumoren wuchsen nach der Therapie mit Crizotinib im Versuchszeitraum von zwei Wochen deutlich verlangsamt nach. Es traten keine Nebenwirkungen auf. „Diese Ergebnisse sagen noch nichts darüber aus, ob und wie lange Lungenkrebspatientinnen und -patienten von einer solchen Behandlung profitieren würden. Aber sie zeigen einen vielversprechenden Ansatz, den wir auch bei anderen Formen des Lungenkrebses sowie Lebertumoren und Brustkrebs überprüfen möchten“, so Muckenthaler.
Der nicht-kleinzellige Lungenkrebs (NSCLC) macht rund 80 Prozent aller Lungentumoren aus. Die Unterform des ALK-positiven nicht-kleinzelligen Lungenkrebs, an der rund 5 Prozent der NSCLC-Betroffenen leiden, ist durch eine bestimmte genetische Veränderung (EML4-ALK Fusions-Onkogen) gekennzeichnet. Patientinnen und Patienten mit dieser Krebsart haben meist nie oder wenig geraucht. Die gängige Therapie besteht aus der Behandlung mit zielgerichteten Inhibitoren wie Crizotinib. Auf gängige Immuntherapien sprechen diese Tumoren schlecht an.