Im Portrait: PD Dr. Julia Bauer
/ via universitätsklinikum heidelberg /
Julia Bauer absolvierte ihr Studium der Physik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT); dem schloss sich die Promotion im Bereich der experimentellen Teilchenphysik inklusive Forschungsaufenthalten am Fermilab (USA) und am CERN (Schweiz) an.
Nach der Promotion wechselte sie nach Heidelberg in die Medizinische Physik, sozusagen von der Grundlagenforschung Teilchenphysik in die angewandte, kliniknahe Forschung der Strahlentherapie mit Ionen als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrum (HIT).
Ihre ersten wissenschaftlichen Arbeiten befassten sich mit der innovativen Integration diagnostischer Bildgebungsverfahren zur Verifikation der Bestrahlungsqualität. Sie leistete wesentliche Beiträge zur klinischen Erprobung der Positronen-Emissions-Tomographie(PET)-basierten Bestrahlungsverifikation. Hierbei wird die PET-Bildgebung genutzt, um das bestrahlte Volumen sichtbar zu machen, indem die durch die Ionen-Bestrahlung induzierte Gewebeaktivierung bei Patientinnen und Patienten gemessen wird. Hierdurch kann die Präzision der tatsächlich applizierten Dosisverteilung in vivo, also direkt in der bestrahlten Person, überwacht werden.
Nach zwei Elternzeiten wechselte Bauer in die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Markus Alber an die Klinik für Radioonkologie und Strahlentherapie am Universitätsklinikum Heidelberg. Herzstück ihrer Forschung ist jedoch noch immer die Ionenstrahl-Therapie am HIT.
Die Universität Heidelberg unterstützte die Habilitation von Julia Bauer mit dem Olympia-Morata-Habilitationsprogramm und dem Management-Programm „Auf dem Weg zur Professur“. Die Verleihung der venia legendi erfolgte 2023; seitdem hat sie auch die kommissarische Leitung der Sektion Medizinphysik inne.
In aktuellen Projekten, die vielfältig z. B. durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) oder das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert werden, befasst sich Bauer mit der Integration von Magnet-Resonanz(MR)-Bildgebung in den Behandlungsablauf der Ionenstrahltherapie. Sie schafft Möglichkeiten, mithilfe der Magnetresonanztomographie(MRT)-Bildgebung die Patientenanatomie im Verlauf der Therapie hochauflösend tagesaktuell darzustellen, um den Bestrahlungsplan auf auftretende Veränderungen anzupassen. Darüber hinaus untersucht sie mit Hilfe von MR-Bildgebung das Auftreten später Strahlenschäden im Hirngewebe und etabliert mit ihrer Arbeitsgruppe einen neuartigen modellbasierten, risikominimierenden Bestrahlungsplanungsansatz, dessen Wirksamkeit für die Behandlung niedriggradiger Gliome (Hirntumore des Zentralnervensystems) derzeit in einer prospektiven multizentrischen klinischen Studie überprüft wird.
Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind ein komplexes Unterfangen
Nach ihrer persönlichen Einschätzung und einem Resümee hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie befragt, bewertet Dr. Bauer dies wie folgt: „Mein Lebenslauf ist nicht geradlinig: Ich habe nach der Promotion den Fachbereich gewechselt, und war nach einer sehr erfolgreichen ersten Post-Doc-Phase für zwei Elternzeiten jeweils zehn bzw. elf Monate ‚Vollzeit‘ zu Hause. Zeitgleich haben sich die Inhalte meiner Forschungsprojekte neu ausgerichtet, das war eine anstrengende Lebensphase. Seit die Kinder auf der Welt sind, arbeiten mein Mann und ich nicht mehr ganz in Vollzeit. Wir haben es nach einigen Jahren der Feinjustierung geschafft, unser Arbeitspensum gerecht auszubalancieren und so unsere Familie mit unseren beruflichen Ansprüchen und privaten Interessen gut zusammenzubringen.“
Kritisch reflektierend schätzt Bauer ein: „Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird oft reduziert auf das Wegorganisieren der Familie zugunsten der vollen Berufstätigkeit beider Elternteile. Das halte ich für kritisch und kämpfe dafür, dass die Familienarbeitszeit stärker in den Fokus rückt – denn Zeit für die Familie, bei Angehörigen und mit Freunden, Engagement im Privaten und in Vereinen ist essentiell für eine starke und gesunde Gesellschaft. Vereinbarkeit von Familie und Beruf bedeutet für mich, Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen sich moderne, gleichberechtigte Familien entwickeln können. Das ist ein komplexes Unterfangen, von der guten und zuverlässigen Kinderbetreuung (auch für ältere Kinder, die Kita und Kindergarten verlassen haben) über Führungskräfte, die leistungsbereite Mitarbeitende (bewusst nicht nur weibliche) auch in reduzierter Vollzeit entwickeln und fördern, hin zu einer gelebten Kultur der Akzeptanz und Wertschätzung von Nicht-Vollzeit-Tätigen.“
Als persönliches Resümee fasst Julia Bauer die Situation zur Vereinbarkeit wie folgt zusammen: „Ich hatte das Glück, diese besondere Unterstützung zu erfahren – sowohl von meinem Vorgesetzten als auch von meiner Familie. Bestärkt wurde ich in dem Unterfangen ‚akademische Karriere‘ auch nachhaltig durch die Programme der Universität Heidelberg, die Weiterbildungsangebote und das Management-Programm, welche wertvollen fachlichen Hintergrund vermitteln, aber auch den interdisziplinären Austausch zwischen Weggefährten ermöglichen – das erdet und spornt zugleich an.“
Großartige Anerkennung
Als ein Höhepunkt der wissenschaftlichen Anerkennung wurde Bauer der diesjährige Wissenschaftspreis der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Physik e. V. für herausragende wissenschaftliche Leistungen verliehen (als dritte Frau bei zwölf Verleihungen; Sponsor: Siemens Varian, siehe: Wissenschaftspreis DGMP). Die Preisübergabe erfolgte im Rahmen des 5. European Congress of Medical Physics (September 2024, München) nach einer Laudatio von Prof. Dr. Katia Parodi (LMU München mit Heidelberger Wurzeln), die Bauers Forschungsleistungen im Bereich der Ionenstrahltherapie würdigte.
Als herausragende Forscherin folgte nun die Ruferteilung der Charité Berlin auf eine W3-Professur für „Medizinische Physik“ auf Lebenszeit mit dem Starttermin im April 2025.
Das Gleichstellungsteam gratuliert sehr herzlich zu diesem herausragenden Preis, der die innovative, kollaborative und interdisziplinäre Forschung, die eng verknüpft ist mit dem klinischen Alltag, würdigt und zur Erteilung des Rufs auf eine Professur und wünscht Dr. Julia Bauer persönlich und beruflich an der Berliner Charité alles erdenklich Gute!