/ via universitätsklinikum heidelberg /
Dr. Nerma Crnovrsanin, Ärztin in Weiterbildung in der Viszeralchirurgie am Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD), freut sich über eine neue Regel zum Umgang mit Narkosegasen für Schwangere. Diese hat der Ausschuss für Mutterschutz (AfMu) im Februar 2025 veröffentlicht. Der AfMu ist ein Expertengremium des Bundesfamilienministeriums. Seit die Neuregelung besteht, ist in der Schwangerschaft das Operieren mit Narkosegasen möglich, wenn bestimmte Rahmenbedingungen eingehalten werden. Dadurch erweitert sich das OP-Spektrum für schwangere Ärztinnen in der Viszeralchirurgie. Dies ist insbesondere ein Meilenstein für Ärztinnen in Weiterbildung.
Stark dafür engagiert hat sich Dr. Sabine Ewerbeck, stellvertretende Leiterin des Betriebsärztlichen Dienstes am UKHD, die seit vielen Jahren im AfMu tätig ist sowie die konkrete Umsetzung der Premiere am UKHD koordiniert hat. Dazu gehört unter anderem eine individuelle Gefährdungsbeurteilung, technische Schutzmaßnahmen im OP und Vorgaben zur Exposition gegenüber potenziell gefährdenden Stoffen.
Wunsch wird Wirklichkeit
Dr. Nerma Crnovrsanin hatte im Juli 2025 als erste Chirurgin in Weiterbildung am UKHD den Wunsch geäußert, auch während der Schwangerschaft in der Viszeralchirurgie operativ tätig zu sein. Inzwischen konnte sie als erste schwangere Chirurgin am UKHD mehrere viszeralchirurgische Eingriffe erfolgreich durchführen, darunter Operationen an Leber und Bauchspeicheldrüse. Für Crnovrsanin ist das ein wichtiger Schritt in ihrer fachlichen Entwicklung: „Für die Facharztausbildung müssen wir eine bestimmte Anzahl von Eingriffen durchführen. Ich freue mich sehr, dass ich meine Weiterbildung ohne unnötige Verzögerungen fortsetzen kann“. Von der arbeitsmedizinischen Bewertung können künftig weitere schwangere Chirurginnen – auch anderer Fachbereiche – profitieren. Viele der geprüften Aspekte lassen sich auf vergleichbare Eingriffe übertragen, sodass operative Erfahrungen in diesem Bereich künftig schneller ermöglicht werden können.
Teamleistung machte es möglich
Um den Wunsch Crnovrsanins umzusetzen, initiierte Dr. Sabine Ewerbeck zeitnah eine umfassende Prüfung: Gemeinsam mit der Stabsstelle Arbeitssicherheit, Professor Dr. Christoph Michalski, Ärztlicher Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Privatdozentin Dr. Susanne Picardi, stellvertretende Ärztliche Direktorin der Klinik für Anästhesiologie, sowie dem Personalrat wurden die technischen Voraussetzungen für den Umgang mit Narkosegasen untersucht und eine Gefährdungsbeurteilung für schwangere Mitarbeiterinnen im chirurgischen OP erstellt. Dabei zeigte sich, dass die technischen Voraussetzungen zum Einsatz schwangerer Mitarbeiterinnen in sämtlichen OP-Sälen bei Gasnarkosen vorhanden sind.
Hintergrund: Operieren in der Schwangerschaft
Bis 2024 durften schwangere Ärztinnen in Baden-Württemberg in der Regel nicht operativ tätig sein, weil das Mutterschutzrecht lange Zeit sehr restriktiv ausgelegt wurde. Dies galt insbesondere mit Blick auf mögliche Infektionsrisiken oder den Einsatz bestimmter technischer Verfahren im OP. Diese Praxis führte häufig zu Unterbrechungen der chirurgischen Weiterbildung. Eine gründliche Auswertung der wissenschaftlichen Datenlage führte schließlich zu einer Überarbeitung der mutterschutzrechtlichen Vorgaben durch die Regierungspräsidien in Baden-Württemberg, die seitdem einen differenzierteren Ansatz verfolgen. Seitdem können schwangere Ärztinnen in Baden-Württemberg operieren, allerdings ohne den Einsatz von Narkosegasen. Letzteres ist nun durch eine neue, seit Februar 2025 bundesweit gültige Regel des Ausschusses für Mutterschutz möglich. Somit können schwangere Ärztinnen heute unter klar definierten Bedingungen, nach einer individuellen Gefährdungsbeurteilung und mit geeigneten Schutzmaßnahmen auf eigenen Wunsch operativ arbeiten – auch mit Narkosegasen. Damit wird eine flexiblere und realistischere Vereinbarkeit von Mutterschutz und chirurgischer Ausbildung ermöglicht.
